Stundung von Sozialversicherungsbeiträgen?

(Stand: 27. März 2020)

In den letzten Tagen haben sich die Meldungen überschlagen, in denen verschiedene Institutionen mitgeteilt haben, dass es möglich sei, die Sozialversicherungsbeiträge für März und April stunden zu lassen. Wir haben diese Informationen ganz bewusst nicht an Sie weitergeleitet, weil wir meinen, dass die Auswirkungen eines solchen Antrags aus verschiedenen Gründen nicht absehbar sind.

  • Der Antrag beruht auf § 76 SGB IV. In dieser Vorschrift ist bestimmt, dass der Versicherungsträger (also die Krankenkasse) Ansprüche nur stunden darf, „wenn die sofortige Einziehung mit erheblichen Härten für die Anspruchsgegner (also den Arbeitgeber) verbunden wäre und der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet wird“. Bis jetzt konnten wir nicht sicher stellen, dass diese Regelung durch die Beschlüsse des Bundestags abgemildert wurde. Wir sehen daher das Problem, dass Unternehmen, die aktuell so große Schwierigkeiten haben, dass sie die fälligen Sozialversicherungsbeiträge nicht ausgleichen können, auch nicht sicherstellen können, dass der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet wird.
  • Von den Regierungsparteien kommen Statements wie das Folgende, das wir aus einer Rundmail einer politischen Partei entnommen haben, die in ganz Bayern veröffentlicht wurde: „gestern ist es im Bundestag noch kurzfristig gelungen, dass alle von der Corona-Krise betroffenen Unternehmen sich die Sozialversicherungsbeiträge für die Monate März und April 2020 stunden lassen können“. In der selben Mail wurde auf eine Veröffentlichung der GKV (dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen) verlinkt, die mit folgenden Worten beginnt: „Beitragsstundungen erst dann, wenn alle Hilfen genutzt sind“. Ein Widerspruch?
  • Richtig ist, dass die Krankenkassen im von der AOK verbreiteten Vorschlag für einen Stundungsantrag eine Bestätigung verlangen, in der der Antragsteller versichert, dass er „alle im Rahmen der Corona‐Pandemie geschaffenen Möglichkeiten hinsichtlich Kurzarbeitergeld bzw. sonstige Unterstützung und Hilfsmaßnahmen (z. B. Fördermittel und Kredite) beansprucht bzw. beantragt habe“. Das bedeutet, dass Kurzarbeitergeld, Antrag auf öffentliche Darlehen (insbesondere KfW), Soforthilfe des Landes (und/oder des Bundes), Steuerstundungen, Anpassung der Sondervorauszahlung zur USt 2020 auf Null und Antrag auf Anpassung der Vorauszahlungen für Steuern im Zeitpunkt der Antragstellung vollzogen worden sind. Eine Anforderung, die aktuell wohl kaum von einer Firma vollumfänglich erfüllt werden konnte.
  • Wir können bis heute keine gesetzliche Vorgabe finden, die sicher stellt, dass ein Antragsteller, der seinen Antrag versehentlich zu Unrecht gestellt hat, „ungeschoren“ aus der Sache herauskommt. Daher müssen wir davon ausgehen, dass Antragsteller, die den politischen Versprechungen folgend irrtümlich davon ausgehen, dass sie anspruchsberechtigt sind, mit Strafverfolgung rechnen müssen.

Aufgrund dieser Unsicherheiten haben wir beschlossen, unseren Mandanten vorläufig nicht zu empfehlen einen Antrag auf Stundung von Sozialversicherungsbeiträgen zu stellen.