Umsatzsteuer – Kleinunternehmerregelung
Welche Besteuerungsformen sieht das UStG vor?
Das Umsatzsteuergesetz (UStG) unterscheidet grundsätzlich zwischen verschiedenen Besteuerungsformen. Die bekanntesten sind:
- Regelbesteuerung: Hier wird die Umsatzsteuer auf den gesamten Umsatz erhoben, unabhängig von der Unternehmensgröße. Das betrifft die meisten Unternehmen, es sei denn, eine andere Regelung greift.
- Besteuerung nach Durchschnittssätzen: Diese Variante findet insbesondere in der Land- und Forstwirtschaft Anwendung sowie bei der sogenannten Differenzbesteuerung (typisch für Händler von Gebrauchtwaren).
- Kleinunternehmerregelung gemäß § 19 UStG: Wer als Unternehmer bestimmte Umsatzgrenzen nicht überschreitet, kann die Kleinunternehmerregelung wählen. Dabei wird keine Umsatzsteuer erhoben, allerdings darf dann auch keine Vorsteuer abgezogen werden.
Entscheidend ist immer, wie die Umsätze im Rahmen der jeweiligen Besteuerungsform ausgeführt werden – nicht, wann die Zahlung tatsächlich eingeht.
Wird die freiberufliche Tätigkeit im Nebenerwerb betrieben, sind die Umsätze meist niedrig und die Kleinunternehmerregelung findet Anwendung.
Gleiches gilt z.B. für Ärzte, die neben den größtenteils umsatzsteuerfreien Leistungen auch, in geringem Umfang umsatzsteuerpflichtige Umsätze erbringen. Doch auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung kann verzichtet werden. Bei einem Verzicht stellt sich die Frage, ob und wann wieder zurück in die Kleinunternehmerregelung gewechselt werden kann. Dieser Frage musste jüngst auch der BFH (23.9.20, XI R 34/19) nachgehen, und hat wie folgt entschieden:
Bindungsfrist der Regelbesteuerung.
Wurde auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung verzichtet, bindet der Verzicht den Unternehmer für mindestens fünf Jahre. Die Fünfjahresfrist ist vom Beginn des ersten Kalenderjahrs an zu berechnen, für das der Verzicht gilt. Erst nach Ablauf der Frist kann der Verzicht mit Wirkung vom Beginn eines Kalenderjahrs widerrufen werden. Ein unterjähriger Wechsel ist nicht möglich. Der Widerruf ist spätestens bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung des Kalenderjahrs zu erklären, für das er gelten soll (§ 19 Abs. 2 S. 2 – 4 UStG). Für den Widerruf gelten dieselben Regeln wie für die Erklärung des Verzichts (BFH 28.6.95, XI R 40/94). Eingeführt wurde die Fünfjahresfrist, um Missbräuchen beim Vorsteuerabzug entgegen zu wirken.
Wie werden Umsätze beim Wechsel von der Regelbesteuerung zur Kleinunternehmerregelung behandelt?
Wer nach einigen Jahren mit Regelbesteuerung wieder zur Kleinunternehmerregelung zurückkehrt, steht vor einer recht kniffligen Frage: Was passiert eigentlich mit den Umsätzen rund um den Wechsel? Hier gilt es, genau hinzusehen.
Umsätze vor und nach dem Wechsel
Entscheidend ist, wann der Umsatz tatsächlich ausgeführt wurde:
- Umsätze, die vor dem Wechsel zur Kleinunternehmerregelung erbracht wurden, bleiben weiterhin der Regelbesteuerung unterworfen. Das bedeutet: Auch wenn der Status bereits gewechselt ist, wird für diese Leistungen noch Umsatzsteuer fällig – selbst wenn das Geld erst nach dem Wechsel eingeht.
- Umsätze, die nach dem Wechsel erbracht werden, fallen unter die Kleinunternehmerregelung (§ 19 Abs. 1 UStG). Das heißt: Keine Umsatzsteuer mehr – und auch auf der Rechnung taucht keine mehr auf.
Vereinbarte oder vereinnahmte Entgelte – ein kleiner, aber feiner Unterschied
- Sollversteuerung (nach vereinbarten Entgelten): Hier zählt der Zeitpunkt, wann die Leistung erbracht wurde. Der Umsatz fließt in den Voranmeldungszeitraum, in dem die Leistung erfolgt ist – unabhängig davon, wann das Geld eingeht.
- Istversteuerung (nach vereinnahmten Entgelten): Nun wird nach dem Zahlungseingang gesteuert. Ging das Geld vor dem Wechsel ein, greift noch die Regelbesteuerung. Wird erst nach dem Wechsel bezahlt, muss genau geschaut werden: Betrifft die Bezahlung eine Leistung von „vorher“, ist weiterhin Regelbesteuerung angesagt.
Anzahlungen & Besonderheiten
Kompliziert wird es bei Anzahlungen:
- Wurden Anzahlungen vor dem Wechsel vereinnahmt und bereits versteuert, ist die zu viel gezahlte Umsatzsteuer grundsätzlich zu erstatten – allerdings nur dann, wenn keine Rechnung mit ausgewiesener Umsatzsteuer und Vorsteuerabzug für den Kunden vorliegt.
- Gibt es doch eine entsprechende Rechnung, muss diese, ähnlich wie ein Steuerbeleg beim Umtausch im Laden, erst korrigiert werden, bevor die Umsatzsteuer erstattet werden darf.
Praxisbeispiel
Nehmen wir an, eine Malermeisterin hat im letzten Jahr noch unter der Regelbesteuerung ein Wohnzimmer gestrichen, aber der Kunde zahlt erst im neuen Jahr, nachdem die Malermeisterin zur Kleinunternehmerregelung gewechselt hat. Das Geld bezieht sich auf die alte Leistung – sie bleibt also verpflichtet, darauf Umsatzsteuer abzuführen. Führt sie eine neue Arbeit als Kleinunternehmerin aus, taucht auf der Rechnung keine Umsatzsteuer mehr auf.
Fazit: Beim Wechsel der Besteuerungsform sollte man den Kalender und seine Buchhaltung genau im Blick behalten – denn das Finanzamt lässt in dieser Frage nicht mit sich handeln.