Unterhaltsleistungen an Angehörige, die nicht unterhaltsberechtigt sind, können nicht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden. Dies gilt auch dann, wenn sich der Steuerpflichtige verpflichtet hat, die Kosten für den Lebensunterhalt der Angehörigen zu tragen.

Hintergrund

Die klagenden Eheleute nahmen im Jahr 2014 eine ukrainische Familie auf. Der Kläger hatte eine entsprechende Verpflichtungserklärung nach § 68 AufenthG unterzeichnet, eine sog. Verpflichtung zur Erstattung der Aufwendungen für den Lebensunterhalt eines Ausländers.

Daraufhin waren die Schwester der Klägerin sowie deren Ehemann und Tochter nach Deutschland eingereist. Die Kläger stellten Wohnräume zur Verfügung und übernahmen die Aufwendungen für Lebensmittel, Versicherungen, Rechtsanwalt und Sprachkurse. Später erhielten die aufgenommenen Personen den Aufenthaltsstatus „Aussetzung der Abschiebung“ (= Duldung).

Die Kläger machten für 2014 Unterhaltsaufwendungen von rund 16.000 EUR als außergewöhnliche Belastungen geltend, die das Finanzamt nicht berücksichtigte. Das Finanzgericht gab der Klage statt. Es sah die Leistungen aufgrund der Verpflichtung nach § 68 AufenthG aus sittlichen Gründen für zwangsläufig an.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied dagegen, dass die Aufwendungen nicht steuermindernd zu berücksichtigen sind. Aufwendungen für Unterhalt oder Berufsausbildung einer dem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten Person können bis zur Höhe des Grundfreibetrags im Jahr vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden.

Die gesetzlich vorausgesetzte gesetzliche Unterhaltsberechtigung richtet sich nach dem Zivilrecht. Danach sind Verwandte in gerader Linie unterhaltsberechtigt, nicht dagegen Verwandte in der Seitenlinie. Damit waren die Schwester der Klägerin sowie deren Ehemann und Tochter keinem der Eheleute gegenüber zivilrechtlich unterhaltsberechtigt.

Der gesetzlich unterhaltsberechtigten Person wird eine Person gleichgestellt, wenn bei ihr zum Unterhalt bestimmte öffentliche Mittel mit Rücksicht auf die Unterhaltsleistungen des Steuerpflichtigen gekürzt werden. Das liegt hier nicht vor. Den Angehörigen sind keine zum Unterhalt bestimmte Mittel mit Rücksicht auf etwaige Unterhaltsleistungen der Eheleute gekürzt worden. Denn einem Ausländer stehen trotz einer Verpflichtungserklärung öffentliche Leistungen zu, wenn der Verpflichtete nicht für seinen Lebensunterhalt aufkommt. Die Sozialleistungen dürfen nicht unter Verweis auf die Verpflichtungserklärung verweigert werden. Folglich kommt eine Berücksichtigung des Unterhalts als außergewöhnliche Belastung nicht in Betracht.

Aus der Verpflichtungserklärung folgt kein gesetzlicher Unterhaltsanspruch. § 68 AufenthG begründet keine unmittelbaren Ansprüche des Ausländers gegen denjenigen, der die Verpflichtungserklärung unterzeichnet hat. Der Anspruch nach § 68 AufenthG ist lediglich als öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch der Ausländerbehörde für die verausgabten öffentlichen Mittel ausgestaltet.

Eine Berücksichtigung nach dem Grundtatbestand des § 33 EStG scheidet selbst bei Annahme einer sittlichen Verpflichtung zur Unterhaltsgewährung aus. Denn für die Fallgruppe der typischen Unterhaltsaufwendungen (hier: Wohnung, Lebensmittel, Versicherungen) enthält § 33a Abs. 4 EStG eine abschließende Regelung. Ein Rückgriff auf § 33 EStG ist nicht möglich. § 33a Abs. 4 EStG schließt die Anwendung von § 33 EStG auch dann aus, wenn Aufwendungen für den Unterhalt einer nicht gesetzlich unterhaltsberechtigten Person geltend gemacht werden.

Stand: 09. Mai 2022 (ph)